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„Jeder Versuch, das Leiden als unmittelbar oder mittelbar von Gott verursacht anzusehen, steht in der Gefahr, sadistisch über Gott zu denken.[…] Es gibt keinen dritten Ort, jenseits der Opfer und der Henker. Darum ist jede Deutung des Leidens, die von den Opfern wegschaut und sich identifiziert mit einer Gerechtigkeit, die hinter dem Leiden stehen soll, schon ein Schritt auf den theologischen Sadismus zu […].“ Mit ihrem scharfen und theologisch streitbaren Plädoyer gegen die Apathie und für die Leidensfähigkeit wendet sich Dorothee Sölle gegen die die Christologie Jürgen Moltmanns und alle Versuche, das Leiden in ein theologisches System zu integrieren, und dadurch das Pathos des Leidens abzuschwächen und zu beschwichtigen. Dennoch hat die überwältigende Präsenz des kollektiven und individuellen Unglücks, des Leidens und der Ungerechtigkeit hat zu allen Zeiten drängende Fragen nach dem (Un)Sinn von Leiden sowie seiner Bedeutung für Christologie, Anthropologie, und der theologischen Deutung der Passion Jesu aufgeworfen. Überdies stellt sich die Frage nach der angemessenen Sprache für die verschiedenen Dimensionen des Leidens (psychisch, physisch, sozial). Im Seminar sollen theologische, philosophische und psychoanalytische Texte zur Sprache kommen.
Literatur:
Emil Angehrn, Leiden und Erkenntnis. In: Martin Heinze, Christian Kupke und Christoph Kurth (Hrsg.), Das Mass des Leidens: Klinische und theoretische Aspekte seelischen Krankseins. Würzburg 2003, 25-43.
Thomas Fuchs, Die Zeitlichkeit des Leidens. In: Zeitdiagnosen. Philosophisch-psychiatrische Essays. Die Graue Edition, Zug 2002, 35-60.
Jürgen Moltmann, Der gekreuzigte Gott. Das Kreuz Christi als Grund und Kritik christlicher Theologie, München 1972.
Dorothee Sölle, Leiden. Annehmen und Widerstehen. Neuausgabe mit einem Vorwort von Fulbert Steffensky, Stuttgart 2018.
Susan Anima Taubes: The Absent God. In: The Journal of Religion 35 (1955), Chicago, S. 6–16.
Simone Weil, Die Gottesliebe und das Unglück, in: Dies, Zeugnis für das Gute, hg. von Friedhelm Kemp, Zürich 1998, 13-51. |
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