Description |
Eine inspirierende Predigt schlägt aus einem Bibeltext Funken für die jeweilige Gegenwart und Gemeinde. Dafür sind nicht nur rhetorische Kompetenzen unabdingbar, sondern auch exegetische, hermeneutische und theologische. Im Homiletik-Modul dieses Herbstsemesters ist die Exegese des Alten Testamentes die primäre Referenzdisziplin. Die Exegese hat das Potential, auf den Bedeutungsreichtum biblischer Texte hinzuweisen und zugleich deren bleibende Fremdheit in Erinnerung zu rufen. Eine recht verstandene und praktizierte Exegese, die auch Perspektiven der Rezeptionsgeschichte einbezieht, inspiriert die Interpretation eines Textes und führt sie über das vermeintlich Selbstverständliche, über die eingespurten Vorverständnisse und Klischees hinaus. Zugleich diszipliniert und begrenzt sie die Auslegung. Nicht jeder Einfall zu einer Perikope ist sachgemäss. Texte, auch biblische Texte, sind zwar "offen", wie Umberto Eco postuliert, aber Offenheit ist nicht Beliebigkeit. Texte stellen Räume dar, in denen sich die Interpretierenden bewegen, die sie für ihre Aktualisierung nutzen können. Die Gattung des Bibeltextes kann die Gattung der Kanzelrede beeinflussen, in Aufnahme oder bewusster Kontrastierung. Hinzu kommt: Predigten sind keine akademischen Vorlesungen über einen Bibeltext, sondern religiöse Reden oder Glaubenszeugnisse im Dialog mit einem Bibeltext, aus dem jeweiligen Textraum heraus.
Selbstredend stellt der Bibeltext nicht den einzigen Referenzpunkt der Predigt dar. Soll diese für die jeweilige Zuhörerschaft verständlich und plausibel werden, anregend und befreiend, sind weitere Aspekte zu berücksichtigen, nicht zuletzt Rhetorik und Performanz der Predigt. Im neuen Berner Kompetenzmodell für das Pfarramt (2023) wird festgehalten: „Den Kern des Pfarramtes (Verbi Divini Ministerium) bildet die Auslegung der Bibel im Horizont der kirchlichen und gesellschaftlichen Gegenwart und die Auslegung dieser Gegenwart im Licht der Frohen Botschaft von Jesus Christus, ‚wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird‘ (1. Barmer These).“ Der Predigt kommt hier eine Schlüsselrolle zu.
Wir werden uns im Kurs mit allen relevanten Aspekten der Predigt befassen, grundsätzlich und konkret, theoretisch und praktisch, anhand von Beispielen und eigenen Versuchen. Alle Teilnehmenden werden eine Predigt konzipieren, schreiben, vorstellen und reflektieren.
Die Veranstaltung hat insgesamt Werkstattcharakter. Der Prozess der Erarbeitung einer Predigt wird Schritt für Schritt reflektiert und begleitet. Erfahrene Predigerinnen und Prediger werden zu Gast sein und aus ihrer Predigtpraxis berichten.
Auf ILIAS wird die zu lesende Literatur hochgeschaltet.
Arbeitsformen:
• Insgesamt: Werkstattcharakter
• vorbereitende Textlektüren, Besprechung derselben; alle Texte sind auf ILIAS
• Analyse digitaler und analoger Predigten
• Erarbeitung einer eigenen Predigt in zwei Stufen: 1. Homiletische Exegese und Konzept;
2. Ausformulieren und Halten
• Dokumentation in einer „Homiletik-Arbeit“: Exegese, Theologie, Gemeinde, PredigerIn, Predigt, Liturgie (vgl. Leitfaden Plüss auf ILIAS, 1. Sitzung)
• Predigttexte: Sie wählen alttestamentliche Texte aus der Perikopenordnung der EKD von Anfang des Kirchenjahres bis Ostern (Reihe VI): vgl. URL: www.kirchenjahr-evangelisch.de |