490831-HS2024-0-Ergänzungskurs (Übung) LW II: „Realisation“ (1973). Critical introduction to Dorothee Sölle's method of theologically interested reading





Root number 490831
Semester HS2024
Type of course Course
Allocation to subject German Language and Literature
Type of exam Seminar paper
Title Ergänzungskurs (Übung) LW II: „Realisation“ (1973). Critical introduction to Dorothee Sölle's method of theologically interested reading
Description Das Verhältnis zwischen Literatur und Theologie lässt sich grundsätzlich auf zwei Weisen untersuchen. Zum einen kann nach biblischen Stoffen und Figuren, nach religiösen Textsorten und tradierten Sprachmustern gefragt werden. Zum anderen kann aber auch die Frage nach einem gemeinsamen Gegenstand und Interesse von Theologie und Literatur gestellt werden. Diesem zweiten Punkt wollen wir uns in dieser Übung widmen und vor allem die Frage stellen, welche methodischen Modelle es gibt, um literarische Texte nach den Aspekten zu befragen, die «einen Menschen unbedingt angeh[en]».
Die Germanistin, feministische evangelische Theologin und Dichterin Dorothee Sölle (1929–2003) habilitierte sich 1971 mit der Schrift »Realisation. Studien zum Verhältnis von Theologie und Dichtung nach der Aufklärung«, die die Grundlage für unseren Kurs bildet. Theologie und Religion lassen sich, so Sölle, nicht auf Sprachformen und Textsorten reduzieren. Sie arbeiten vielmehr an jenen Fragen, welche die menschliche Existenz unmittelbar bedingen: ebenso wie dies viele literarische Texte tun. Ausgehend von einem theologischen Interesse an der Literatur, das Sölle als Theologin u.a. vor dem Hintergrund zeitloser Widersprüche des Lebens und unvergessener menschlicher Hoffnung legitimiert, widmen wir uns zunächst eingehend dem von ihr entworfenen methodischen Ansatz der Realisation.
Sölle wendet sich mit ihren Überlegungen besonders gegen die Vorstellung der Säkularisation, wie sie der Germanist Albrecht Schöne vertreten hat. Schöne verstand die Entwicklung der modernen Literatur als eine männliche Genealogie, in welcher sich ein religiöser Sprachschatz aus lutherischem Bibeltext, Kirchenliedern und Gebeten auf die dichtenden Söhne übertrug. Die Generation der Söhne habe zwar selbst den Glaubensinhalt dieser Sprache vergessen, aber aus den religiösen Sprechweisen die moderne Literatursprache geschaffen. Sölle betont dagegen, dass sich Religion und religiöses Interesse gerade nicht auf bestimmte überlebte Sprachformen reduzieren liessen. Vielmehr zeige sich in Religion und Literatur eine beständige Erneuerung der Sprachformen im Sinn einer ‹Sakralisierung› der Literatur.
Im Anschluss an die ausführliche Auseinandersetzung mit den methodischen Erwägungen, die auch Grundthemen von Sölles Theologie streifen wird, dient die Lektüre von ausgewählten literarischen Texten aus dem 19.–21. Jahrhundert der kritischen Überprüfung, Vertiefung und potenziellen Erweiterung der erarbeiteten Methodik.
Folgende drei Texte sollen genauer angesehen werden: Jeremias Gotthelfs Märchennovelle «Das Erdbeeri Mareili», Klabunds expressionistischer Roman «Franziskus» und Regina Dürigs Versnovelle «Federn lassen». Bei Interesse und genügend Zeit wollen wir das Semester mit Olivia Viewegs Graphic Novel «Endzeit» und deren Verfilmung beschliessen.

Literatur:
siehe KVV
ILIAS-Link (Learning resource for course) Registrations are transmitted from CTS to (no admission in ILIAS possible). ILIAS
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Lecturers PD Dr. Christian von ZimmermannForschungsstelle Jeremias Gotthelf Universität Bern 
Karin von ZimmermannForschungsstelle Jeremias Gotthelf Universität Bern 
ECTS 3
Recognition as optional course possible Yes
Grading 1 to 6
 
Dates Friday 12:30-14:00 Weekly
 
Rooms Seminarraum F 012, Hörraumgebäude Unitobler
 
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