Description |
Die Schweiz war für Menschen aus dem ehemaligen Jugoslavien ein beliebtes Ziel der Migration. In der Forschung wird zwischen unterschiedlichen Gruppen (und Wellen) unterschieden, die von den sog. Saisonniers, über ihren Familiennachzug hin zu Flüchtlingen in Folge der unterschiedlichen Balkankriege reichen. Viele der in den letzten Jahrzehnten migrierten Menschen leben dauerhaft in der Schweiz und auch ihre Kinder sind z.T. bereits in der Schweiz geboren, wodurch sich die Gruppe an Menschen mit einem im weitesten Sinn jugoslavischen Hintergrund in der Schweiz durch eine grosse Heterogenität auszeichnet. Diese betrifft nicht bloss die Hintergründe der Migration oder der Lebensverläufe, sondern sehr zentral auch die Frage nach den in den jeweiligen Gruppen erworbenen und verwendeten Sprachen. Einerseits wirkt das jugoslavische Spracherbe in all seinen Vielschichtigkeiten und konfliktreichen Facetten nach, andererseits ist die Frage nach den Kompetenzen in den schweizerischen Landessprachen und Dialekten relevant.
In diesem Seminar wollen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, wie unterschiedliche Gruppen jugoslavischer Migrant*innen ihre Sprachsituation beschreiben, welche Rolle welche Sprache für sie in ihrem Alltag spielt und wie diese Sprachen u.a. auch emotional wahrgenommen werden. Damit spielen Fragen rund um Sprachverwendung, Spracherhalt und Spracheinstellung eine zentrale Rolle.
Nach einem einführenden theoretischen Block, in dem wir uns mit zentralen Begrifflichkeiten, einem Überblick über die Migrationshintergründe inkl. Gruppen und methodischen Zugängen beschäftigen, ist das Seminar dezidiert empirisch ausgerichtet. Im Seminar wird ein gemeinsamer methodischer Ansatz erarbeitet (basierend auf einem soziolinguistisch ausgerichteten Fragebogen, ggf. kombiniert mit der Erhebung ausgewählter mündlicher Sprachdaten), die Aufgabe der Studierenden ist es im Folgenden, diese Methode selbst anzuwenden, sprich Proband*innen zu akquirieren und eigene Daten zu erheben, die dann zur Auswertung verwendet werden können. Für die Suche nach Proband*innen sollen unterschiedliche Quellen genutzt werden, die von persönlichen zu institutionellen Kontakten reichen können und in der die Studierenden unterstützt werden. Auf diese Weise sollen im Seminar Daten erhoben werden, die in der Zusammenführung einen Einblick in die sprachliche Situation unterschiedlicher Personen mit Bezug zu Jugoslavien in der Schweiz bieten. Die Auswertung der Daten wird im Seminar ebenfalls behandelt und bietet die Möglichkeit, aus dem Seminar heraus vertiefende Arbeiten zu entwickeln.
In Hinblick auf die Sprachkombinationen der Proband*innen wird explizit keine Einschränkung gemacht, sodass es im Rahmen des Seminars möglich ist, unterschiedliche Konstellationen zu berücksichtigen und grundsätzlich alle Sprachen aus dem ehemaligen Jugoslavien sowie die unterschiedlichen Sprachen der Schweiz mit einzubeziehen. Für die Teilnahme am Seminar ist die Kenntnis entsprechender südslavischer Sprachen (Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch, Serbisch) oder Albanisch von Vorteil, aber keine Voraussetzung (die Datenerhebung kann auch auf Deutsch durchgeführt werden). |